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Geburtseinleitung und Wehenmittel

Eine Geburt kann mit verschiedenen Methoden eingeleitet werden, bevor die natürlichen Wehen einsetzen. Dazu gehören Medikamente, mechanische und „natürliche“ Methoden. Manchmal werden die Wehen auch mit Hilfe von Medikamenten verstärkt.

Gründe für eine Einleitung oder Beschleunigung der Geburt

© BZgA/HN/Eichhoefer

In Deutschland wird mehr als jede fünfte Geburt eingeleitet – deutlich mehr als vor etwa zehn Jahren: So wurden 2005 noch 165 von 1000 Geburten eingeleitet, 2014 waren es schon 217 von 1000 Geburten, Tendenz steigend. Medizinische Gründe für eine Geburtseinleitung sind zum Beispiel eine Erkrankung der Mutter (Diabetes, Bluthochdruck) oder ein vorzeitiger Blasensprung. In Deutschland ist jedoch der häufigste Grund für eine Geburtseinleitung, dass der errechnete Geburtstermin verstrichen ist.

Manchmal kommt es auch vor, dass die Geburt zwar von alleine beginnt, aber nur sehr langsam vorangeht. Dauert die Geburt beim ersten Kind länger als 18 Stunden und bei weiteren Kindern mehr als zwölf Stunden, spricht man von einer verzögerten Geburt. Um die Geburt zu beschleunigen, können Wehenmittel gegeben werden. Je nach Ursache der Verzögerung reichen manchmal auch schmerzstillende Maßnahmen.

Methoden der Geburtseinleitung und -beschleunigung

Eine Geburt kann mit Medikamenten oder mit mechanischen Methoden eingeleitet werden. Diese Maßnahmen können die Geburt in Gang bringen und beschleunigen, aber auch verschiedene Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen. Manchmal wird auch versucht, auf natürliche Weise nachzuhelfen.

Der Beginn und Verlauf einer Geburt beruht auf dem Zusammenspiel unterschiedlicher Hormone. Bei einer Geburtseinleitung werden meist künstliche Hormone verwendet, um diese Vorgänge in Gang zu bringen.

Reifung des Mundermundes
Damit die Geburt überhaupt beginnen kann, muss der Muttermund „reif“ sein. Das heißt, er muss entspannt und weich sein, damit er sich für die Geburt öffnen kann. Der erste Schritt, eine Geburt mit Medikamenten einzuleiten, besteht deshalb in der Regel darin, den Muttermund schneller „reifen“ zu lassen. Hierfür werden Hormone – sogenannte Prostaglandine – als Gel oder Zäpfchen in die Scheide eingeführt. Das Hormon Misoprostol, auch ein Prostaglandin, wird ebenfalls zur Geburtseinleitung angewendet und wird als Tablette eingenommen.

Wehenmittel
Wenn der Muttermund schon weich und ein wenig geöffnet ist, die Wehen aber nicht stark genug sind, erhält die Frau meist weitere Hormone (oft Prostaglandine oder Oxytozin), damit die Wehen kräftiger werden. Sie können als Tabletten eingenommen, als Zäpfchen in die Scheide eingeführt oder als Gel auf den Muttermund aufgetragen werden. Oft bekommt die Frau auch einen Zugang gelegt und erhält das Wehenmittel als Infusion über einen sogenannten Wehentropf direkt ins Blut. Ein Wehentropf besteht aus einer Flüssigkeitslösung mit dem Hormon Oxytozin. Wird Oxytozin eingesetzt, müssen Mutter und Kind engmaschig überwacht werden. Werden die Wehen zu stark, kommen sie zu häufig oder verschlechtern sich die Herztöne des Kindes, muss die Dosis reduziert werden.

Künstliche Hormone können die Geburt in Gang bringen und sie beschleunigen. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangere innerhalb der nächsten 24 Stunden ihr Kind vaginal (durch die Scheide) zur Welt bringt. Sie können aber auch Nebenwirkungen haben.

Risiken und Nebenwirkungen
Bei einer medikamentös eingeleiteten oder beschleunigten Geburt kommt es darauf an, die zugeführte Hormonmenge so zu dosieren, dass die Wehen so „normal“ wie möglich ausfallen. Allerdings gelingt das nicht immer. Denn es lässt sich bei den verwendeten Medikamenten im Vorhinein nicht genau sagen, welche Dosis die Geburt beschleunigt, dabei aber mit möglichst wenigen Nebenwirkungen verbunden ist.

Zu den häufigsten Komplikationen der medikamentösen Geburtseinleitung gehört der sogenannte „Wehensturm“. Das bedeutet, dass die Wehen zu stark sind oder zu häufig kommen (bis hin zu Dauerkontraktionen), weil die Gebärmutter durch die Medikamente zu stark stimuliert wurde. Dies kann bei der Mutter zu vermehrten Schmerzen und Herzrasen sowie beim Kind zu unregelmäßigen Herztönen führen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen, Fieber sowie ein Abfallen des Blutdrucks und eine Fruchtwasserembolie

In seltenen Fällen (weniger als 1 von 1000) kann es zu einem Riss der Gebärmutter kommen. Das ist eine sehr bedrohliche Situation für Mutter und Kind. Diese Gefahr ist am größten, wenn nach einem vorausgegangenen Kaiserschnitt mit Prostaglandinen eingeleitet wird: In diesem Fall kam es laut Studien in bis zu 5 Prozent der Fälle zu einem Gebärmutterriss; ohne Geburtseinleitung lag das Risiko bei etwa 1 Prozent. Schwangeren, die bereits einen Kaiserschnitt hatten, wird deshalb von einer medikamentösen Geburtseinleitung abgeraten; Misoprostol darf nicht angewandt werden.

Weitere Auswirkungen
Eine Geburtseinleitung greift in ein natürliches Geschehen ein. Eine eingeleitete Geburt verläuft meist anders, als wenn die Wehen von alleine beginnen. Oft zieht die künstliche Einleitung oder Beschleunigung einer Geburt weitere Maßnahmen nach sich:

  • Aufgrund möglicher Nebenwirkungen der Hormongabe werden Mutter und Kind stärker überwacht. Die Herztöne des Kindes werden fortlaufend mit einem Dauer-CTG kontrolliert.
  • Wird das Wehenmittel (Oxytozin) als Infusion gegeben, muss eine Nadel in die Vene gelegt werden, meist auf dem Handrücken der Schwangeren. Dadurch (ebenso wie durch das Dauer-CTG) kann sich die Frau schlechter frei bewegen, etwa um herumzulaufen oder während der Wehen die für sie günstigste Position zu finden. 
  • Es sind oft mehr vaginale Untersuchungen nötig als üblich.
  • Frauen, deren Geburtsbeginn beschleunigt wurde, benötigen deutlich häufiger eine Epiduralanästhesie oder PDA.

Nicht jede Geburtseinleitung führt zum erwünschten Ergebnis. Auch eine eingeleitete Geburt kann lange dauern oder kommt trotz der Hormongabe nicht in Gang. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Einleitung rasch wirkt und es zur Geburt kommt, ist höher, wenn es nicht die erste Schwangerschaft und der Muttermund schon „reif“ ist. Bleibt die Geburtseinleitung wirkungslos, wird oft ein Kaiserschnitt gemacht.

Mit mechanischen Methoden der Geburtseinleitung wird versucht, den Muttermund so zu stimulieren, dass körpereigene Hormone (Prostaglandine) ausgeschüttet werden, die das Öffnen des Muttermundes unterstützen und Wehen auslösen. Mechanische Methoden der Geburtseinleitung können mit Hormonen kombiniert werden.

Bei der sogenannten Eipollösung wird von der Hebamme, der Ärztin oder dem Arzt vorsichtig mit dem Finger die äußere Hülle der Fruchtblase vom Muttermundrand gelöst. Wenn die Eipol-Lösung unsanft gemacht wird, kann sie als sehr schmerzhaft und unangenehm empfunden werden. Es kann auch zu leichten vaginalen Blutungen kommen. Studien zufolge sind weniger Einleitungen mit Wehenmitteln nötig, wenn eine Eipollösung durchgeführt wird. 

Eine andere Möglichkeit ist der sogenannte Ballonkatheter. Das ist ein kleiner Schlauch mit einem oder zwei kleinen Ballons an der Spitze, die in Scheide und Gebärmutter einführt und dann mit einer Flüssigkeit gefüllt werden. Durch die Ballons wird der Gebärmutterhals gedehnt. Das kann unangenehm oder schmerzhaft sein. Das Ziel ist, die Ausschüttung körpereigener Hormone anzuregen, die den Muttermund „reifen“ lassen und Wehen auslösen. Der Ballonkatheter lässt den Muttermund ebenso gut reifen wie Hormone (Prostaglandine) und führt sehr viel seltener dazu, dass die Wehen zu stark werden. Ist der Muttermund gereift, wird oft zusätzlich ein Mittel benötigt, um die Wehen anzuregen (Oxytozin). Nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt darf der Ballonkatheter nicht angewendet werden.

Sind die Wehen bereits in Gang gekommen, aber zu schwach, kann die Fruchtblase eröffnet werden (Amniotomie). Hierfür wird die Fruchtblase durch den geöffneten Muttermund mit einem kleinen Instrument angeritzt. Der Eingriff ist schmerzlos. Als alleinige Maßnahme, um die Wehen in Gang zu bringen, wird die Amniotomie heute nicht mehr empfohlen. Ob sie in Kombination mit Hormonen zur Geburtseinleitung sinnvoll ist, ist umstritten.

Ist der errechnete Geburtstermin verstrichen, erkundigen sich Frauen oft zunächst nach „natürlichen“ oder traditionellen Methoden, um die Geburt in Gang zu bringen. Die meisten dieser Methoden beruhen vor allem auf Erfahrung und sind weniger gut wissenschaftlich untersucht als medikamentöse oder mechanische Verfahren. Bei einigen ist eine Wirkung sehr wahrscheinlich, aber auch Nebenwirkungen sind nicht ausgeschlossen. Deshalb sollten sie nur nach Rücksprache mit der Hebamme oder mit einer Ärztin oder einem Arzt ausprobiert werden.

Die Stimulation der Brustwarzen (mindestens eine Stunde pro Tag) hat sich in Studien als hilfreich erwiesen. Wenn der Muttermund bereits „reif“, also weich und leicht geöffnet war, kam die Geburt bei Frauen, die ihre Brust stimuliert hatten, häufiger innerhalb der nächsten 72 Stunden in Gang als ohne Bruststimulation. Bei Risikoschwangerschaften wird von der Bruststimulation aber abgeraten.

Manchmal wird Geschlechtsverkehr um den Geburtstermin herum empfohlen, um den Geburtsbeginn zu fördern. Möglicherweise aktivieren die Hormone (Prostaglandine) im Sperma die Wehentätigkeit und/oder das Zusammenziehen der Gebärmutter. Auch die Ausschüttung des Hormons Oxytozin beim weiblichen Orgasmus könnte dazu beitragen, die Wehen in Gang zu bringen. Ob Sex als Geburtseinleitung tatsächlich wirksam ist, ist jedoch wissenschaftlich bislang kaum untersucht. 

Schon lange wird in der Geburtshilfe der sogenannte „Rizinus-Cocktail“ angewandt – eine kleine Menge Rizinusöl gemischt mit Saft und Wasser. Die Datenlage ist insgesamt widersprüchlich, auch wenn inzwischen erforscht ist, wie Rizinusöl auf molekularer Ebene im Körper wirkt und dass es dadurch Geburtswehen fördern kann. Es kann jedoch auch zu Nebenwirkungen wie Darmkrämpfen, Übelkeit und Durchfall, möglicherweise auch zu allzu heftigen Wehen kommen. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Rizinusöl in den kindlichen Blutkreislauf übergeht. In der Datenbank zur Arzneimittelsicherheit in der Schwangerschaft und Stillzeit „Embryotox“ wird deshalb von der Einnahme von Rizinusöl als Wehenmittel eher abgeraten. 

Auch Fußreflexzonenmassagen, Aromatherapie, heiße Bäder, homöopathische Mittel, Hypnose, Nelkenöltampons und Akupunktur werden zur Geburtseinleitung eingesetzt. Bisher gibt es jedoch kaum aussagekräftige Studien über die Wirksamkeit dieser Methoden. Es gibt aber Hinweise, dass Schwangere, die Akupunktur erhalten, seltener eine medikamentöse Geburtseinleitung brauchen.

Erfahrungen von Frauen

Wie Frauen eine medikamentös eingeleitete Geburt erleben, ist sehr unterschiedlich. Manche bewerten das Geburtserlebnis sehr positiv, andere berichten von äußerst schmerzhaften Wehen und von dem Gefühl, nicht mehr unter Kontrolle zu haben, was mit ihnen geschieht. Auch dass aufgrund der geburtseinleitenden Maßnahmen mehr vaginale Untersuchungen nötig sind, empfinden Frauen oft als unangenehm.

Nicht wenige Frauen berichten, dass ihnen Informationen über die Einleitung, die verwendeten Medikamente und ihre Wirkung, aber auch über Alternativen zur Einleitung gefehlt haben. Sie hatten deshalb falsche Erwartungen und gingen unvorbereitet in die eingeleitete Geburt. Unklar war zum Beispiel oft, wie lange auch eine eingeleitete Geburt dauern kann oder dass eine Einleitung auch fehlschlagen kann.

Bitten Sie die Hebammen, Ärztinnen und Ärzte, Sie umfassend zu informieren und Ihre Fragen zu beantworten. Äußern Sie dabei auch ihre persönlichen Wünsche und Erwartungen für die Geburt. Sprechen Sie in Ruhe mit ihnen darüber, ob und warum die Geburtseinleitung in Ihrem Fall nötig ist und welche Methoden der Geburtseinleitung für Sie in Frage kommen.

Stand: 19.05.2022