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Trauer nach einer Fehl- oder Totgeburt

Trauern, wenn man einen nahestehenden Menschen verloren hat, ist so persönlich und so verschieden, wie es unterschiedliche Menschen, Temperamente und Lebensgeschichten gibt. Das gilt auch für die Trauer nach dem frühen Verlust eines Kindes.

Trauer zeigt Verbundenheit

Oft entwickelt sich schon in den ersten Wochen und Monaten einer Schwangerschaft eine intensive Bindung zum Ungeborenen. Die Eltern stellen sich auf ein langes Zusammenleben mit ihrem Kind ein. Es ist deshalb nicht verwunderlich, sondern angemessen, wenn viele Mütter und Väter über den Verlust und die große Enttäuschung ihrer Hoffnung untröstlich sind. Auch wenn es ein sehr kleines Kind war, das sie schon zu Beginn der Schwangerschaft verabschieden mussten.

Manche Menschen werden dafür möglicherweise wenig Verständnis zeigen: Wenn sie zum Beispiel die Einstellung haben, dass das verstorbene Kind ja noch gar nicht „wirklich“ gelebt habe, dass man es noch gar nicht gekannt hätte. Dabei übersehen sie die bereits entstandene Bindung zwischen Eltern und Kind. Vielleicht haben sie aber auch selbst nicht gelernt, eigene traurige Erfahrungen auszudrücken.

Gefühle äußern – der Trauer Gestalt geben

© BZgA/Carolin Schüten

Für die zurückbleibenden Eltern, Geschwisterkinder und andere Angehörige, die sich auf das Kind gefreut haben, ist es wichtig und heilsam, dass sie ihre Trauer auf ihre ganz persönliche Weise zeigen können. Dazu brauchen sie Menschen um sich herum, die ihnen Verständnis entgegenbringen, die ihnen zuhören und ihr Mitgefühl zeigen.

Was auch immer man über „normale“ Trauerphasen und -zeiträume gehört oder gelesen hat: Es gibt kein Schema. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg der Trauer. Sie kann lange anhalten und intensiv ausgelebt werden oder still und für Außenstehende kaum merklich. Manche Trauernde sind eine Weile für nichts anderes ansprechbar. Sie können völlig in sich versinken und erst ganz allmählich wieder in ihr alltägliches Leben zurückfinden. Bei anderen meldet sich die Trauer in wiederkehrenden Wellen, die sich mit einem alltäglicheren Lebensgefühl abwechseln.

Trauer muss keineswegs ein gleich bleibendes, tränenreiches Traurigsein sein. Trauergefühle können in alle Richtungen gehen: wild und zart, zurückgezogen oder offensiv nach außen gerichtet. Schmerz und Zorn stehen neben Liebe und Dankbarkeit, stilles Leid und innere Leere neben Lebenswillen. Verlassenheitsgefühle, Nicht-wahrhaben-wollen, Ohnmacht und Angst wechseln mit Momenten der Akzeptanz des Geschehenen und der Erleichterung.

Trauerbegleitung nach einer Fehl- oder Totgeburt

Nahe Angehörige, gute Freundinnen und Freunde, die die Familie auf dem Weg der Trauer begleiten, sind meist eine wertvolle Unterstützung. Auch für die „Wegbegleiter“ selbst kann die Erfahrung einer solch existenziellen und belastenden Situation zugleich auch sehr bereichernd sein. Wenn sich im näheren Umkreis nur wenig oder keine anhaltende Unterstützung finden lässt, ist es möglicherweise sinnvoll, sich Hilfe von professioneller Seite zu suchen, zum Beispiel bei ausgebildeten Trauerbegleiterinnen oder -begleitern. Hebammen verfügen manchmal über entsprechende Weiterbildungen oder können Trauerbegleitung vermitteln. 

Für viele Trauernde sind Selbsthilfegruppen von Eltern sehr hilfreich, die ebenfalls ein Kind verloren haben. Der Austausch über diese Erfahrung verbindet und kann ein Verständnis ermöglichen, das Nicht-Betroffene in diesem Ausmaß häufig nur schwer aufbringen. Zu sehen, wie andere Menschen den Schicksalsschlag bewältigen, kann helfen, neue Kraft zu finden. Andere Trauernde meiden gerade diese Angebote, wenn sie zusätzlich zum eigenen Kummer zu diesem Zeitpunkt nicht noch weitere Lebensschicksale aufnehmen und sich in diese einfühlen mögen.

Auch für trauernde Geschwisterkinder gibt es in manchen Regionen unterstützende Angebote – manchmal auch von Elternselbsthilfegruppen ausgehend. Zahlreiche Kinderbücher für unterschiedliche Lebensalter thematisieren den Verlust eines Geschwisterkindes. Sie können bei der aktiven Auseinandersetzung mit dem Tod helfen und Anlass sein, dass die Kinder selbst ihre Gefühle und Gedanken äußern können.

Unterschiedliche Bedürfnisse

So verbindend es sein kann, wenn der Abschied vom gemeinsamen Kind auch gemeinsam durchlebt wird: Nicht in allen Familien und Partnerschaften ist dies möglich. Je nach Persönlichkeit gibt es vielleicht einen ganz unterschiedlichen Umgang mit dem Verlust. Die Kinder können andere Bedürfnisse haben als die Eltern, die Mutter andere als der Vater. Vielleicht kann man der Partnerin oder dem Partner nicht immer folgen und muss für sich selbst den richtigen Weg im Umgang mit der Trauer finden und beschreiten. In diesem Fall ist die Unterstützung und Anteilnahme durch Außenstehende meist besonders wichtig.

Damit solche Unterschiede im Erleben nicht zu Gefühlen der Einsamkeit und allmählichen Entfremdung führen, ist es wichtig, durch Gespräche miteinander in Kontakt zu bleiben. Wenn jeder für sich bleibt, ist es oft schwierig, Verständnis und Respekt für den Weg des anderen aufzubringen.

Für die trauernden Geschwisterkinder sind es in dieser besonders belasteten Zeit manchmal eher die Angehörigen, wie Großeltern, Onkel und Tanten oder Freunde der Familie, die ihnen Rückhalt und volle Aufmerksamkeit für ihre eigenen Gefühle und Gedanken schenken können, wenn Mutter und Vater von ihrer eigenen Trauer in Anspruch genommen sind. Manchmal brauchen die Kinder ein aufnahmebereites Gegenüber für Gespräche oder auch Aktivitäten und Unternehmungen, die gar nichts mit Tod und Trauer zu tun haben.

Trauer und Schuldgefühle

Viele Eltern – insbesondere Mütter – suchen die Ursache für den Tod des Kindes spontan bei sich selbst und dem eigenen Verhalten in der Schwangerschaft. Schuldgefühle lassen sich oft durch ein klärendes Gespräch mit einer Ärztin, einem Arzt oder einer Hebamme ausräumen.

Manchmal fällt es besonders schwer, der Trauer um ein Kind einen angemessenen Platz zu geben: wenn Eltern ihr Kind durch den bewussten Verzicht auf maximale medizinische Versorgung verloren haben oder die Schwangerschaft durch einen medizinischen Eingriff, wie einen Schwangerschaftsabbruch oder Fetozid, beendet wurde. Die eigene Trauer anderen Menschen zu zeigen, wird dann häufig vermieden, hat man doch selbst die Entscheidung „gegen das Leben“ getroffen. Viele Eltern befürchten dann, selbst bei ihren Nächsten auf Unverständnis oder moralisch-ethische Vorbehalte zu stoßen. Dabei ist ihr Schmerz nicht weniger tief, als wenn sie ihr Kind verloren hätten, ohne dass zuvor eine so schwere Entscheidung von ihnen verlangt worden wäre.

Manche zweifeln im Nachhinein vielleicht an ihrer Entscheidung, oder sie sind durch Schuldgefühle bedrückt. Vielleicht konnte die Entscheidung nicht ausreifen, oder sie haben sie gegen die eigene innere Stimme getroffen, aus Rücksicht auf ihre Partnerin, ihren Partner, die Familie oder die Lebensumstände. Nun ist sie nicht mehr rückgängig zu machen. Solche Gedanken können sehr belasten und einen langwierigen, zermürbenden und einsamen Trauerprozess nach sich ziehen. Eine seelsorgerische oder psychologische Trauerbegleitung oder die Teilnahme an einer speziellen Trauer-Selbsthilfegruppe kann hier helfen. Auch Schwangerschaftsberatungsstellen bieten in einer solchen Situation einfühlsame Beratung und Begleitung an.

Suche nach Schuldigen

Eine andere Umgangsweise mit dem Verlust kann darin bestehen, in jemand anderem den „Schuldigen“ zu suchen. Dieser Reflex wirkt vielleicht im ersten Moment entlastend. Manchmal hat er auch einen konkreten Anlass. Falls Eltern zum Beispiel Zweifel an der Kompetenz der Fachleute haben und vermuten, der Tod eines Kindes sei Folge einer medizinischen Fehlentscheidung, sollten sie ein klärendes Gespräch mit dem Geburtshilfeteam führen. Sie haben auch das Recht, die Patientenunterlagen einzusehen. Es ist wichtig, sich die genauen medizinischen Zusammenhänge so lange erläutern zu lassen, bis man alles verstanden hat.

Die Schuld ohne wirklichen Grund bei Außenstehenden, bei der Partnerin, beim Partner oder sich selbst zu suchen, ist dagegen ein zermürbender Ansatz. Er steht dem Fluss der persönlichen Trauerarbeit im Weg. Auch hier kann eine Trauerbegleitung von außen helfen, einen heilsameren Ausdruck der eigenen Gefühle zu finden.

Heilsames Erinnern

Ein Tagebuch, das gemeinsame Feiern von Gedenktagen an die Zeit mit dem Kind und alle Formen der Erinnerung sowie die Pflege des Kindergrabes können die schmerzlichen Gefühle in Bahnen lenken, die die innere Befreiung vom Schicksalsschlag erleichtern.

Wenn die schwere Zeit der Trauer gelebt und durchgestanden wurde, kann die Erinnerung an den Tod des Kindes eines Tages als nicht mehr nur belastend, sondern als zartes Band der Liebe empfunden werden. Vielleicht ist dieses Gefühl sogar mit Dankbarkeit für die tiefen Lebenserfahrungen verbunden, die dieses Kind einem geschenkt hat.

Stand: 28.02.2019