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Wenn das Kind zu früh geboren ist

Wenn sich eine zu frühe Geburt nicht mehr abwenden lässt, wird alles getan, damit der Winzling so sanft wie möglich zur Welt kommt. Die anschließende intensivmedizinische Betreuung und die elterliche Fürsorge erhöhen die Chancen, dass es zu einem gesunden Baby heranreift.

© Warren Diggles Photography / Moment / via Getty Images

Sobald sich eine Frühgeburt abzeichnet, wird der Mutter Kortison gespritzt, um die Lungenreifung des Ungeborenen zu beschleunigen. Denn die Lunge ist meist erst ab der 32. Schwangerschaftswoche so weit ausgereift, dass das Kind nach der Geburt eigenständig atmen kann. Kortison bewirkt, dass sich die Lunge schneller entwickelt. Es hilft auch, Atemproblemen nach der Geburt vorzubeugen. Auch hier zählt jeder Tag: Noch am Vortag der Geburt kann eine Kortisonbehandlung dem Neugeborenen den Start ins Leben erleichtern.

Wenn die Fruchtblase bereits geplatzt ist und eine Frühgeburt nicht mehr vermeidbar ist,  lässt man der Geburt ihren normalen Gang. Wenn nach dem Blasensprung die Geburtswehen nicht innerhalb eines Tages einsetzen, bekommt die Schwangere in der Regel das Wehen fördernde Hormon Oxytozin, das dann die Wehentätigkeit auslöst.

Da der Kopf des Kindes bei einer Frühgeburt noch sehr weich ist, wird bei der Geburt meist ein Dammschnitt vorgenommen. So ist der Kopf vor großen Druckveränderungen im Geburtsweg weitgehend geschützt. Wenn das Kind noch sehr unreif ist, kann sogar ein Kaiserschnitt sinnvoll sein, um das Köpfchen zu schützen.

Intensivmedizinische Betreuung

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In aller Regel wird das zu früh geborene Kind gleich nach der Geburt auf die Intensivstation gebracht und in einen Brutkasten (Inkubator) gelegt. In dieser klimatisierten Kammer werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant gehalten. Die Atmung des Kindes wird überwacht, und es kann bei Bedarf Sauerstoff zugeführt werden. Viele notwendige Behandlungen können im Inkubator durchgeführt werden.

Der Inkubator bietet außerdem Schutz vor Infektionen und belastenden Umwelteinflüssen. Wenn das Neugeborene Atemprobleme hat, wird ihm der Wirkstoff Surfactant zugeführt. Er hilft der noch unreifen Lunge, sich zu entfalten. Die Substanz wird normalerweise im Lungengewebe des Ungeborenen selbst produziert, in ausreichender Menge aber erst um die 35. Schwangerschaftswoche herum. Zu früh Geborene benötigen deshalb meist zusätzliche Surfactant-Gaben, um schneller selbstständig atmen zu können.

Solange Frühgeborene noch nicht selbst trinken können, werden sie über eine Magensonde oder durch Infusionen ernährt.

Hoffen und Bangen

Eine Frühgeburt bedeutet Stress für das Kind. Statt im dunklen, warmen Mutterbauch in Ruhe auszureifen, liegt das Neugeborene nun in einem hellen Glaskasten. Der Inkubator ist zwar ein optimal temperierter Schutzraum, dennoch wird das Kleine durch häufige Störungen, durch Licht, Lärm und wechselnde Bezugspersonen irritiert. Je weniger ausgereift das Frühchen ist, desto eher muss es Behandlungen über sich ergehen lassen, die unter Umständen schmerzhaft sein können.

Auch für Mütter und Väter ist die Situation schwierig. Die Zeit nach der Geburt ist meist eine sorgenvolle Phase zwischen Hoffen und Bangen. Die meisten Stunden des Tages müssen sie die Pflege und die Verantwortung für ihr Kind dem Klinikpersonal und technischen Apparaten überlassen. Die Trennung erschwert es den Eltern, die gewünschte körperliche und emotionale Nähe zu ihrem Kind herzustellen. Doch auch wenn sie sich angesichts der medizinischen Abläufe oft hilflos und ausgeliefert fühlen: Sie können viel für ihr Kleines tun. Je mehr Zeit sie mit dem Kind verbringen, ihm Geborgenheit durch körperliche Nähe und liebevolle Zuwendung vermitteln, desto besser wird es sich entwickeln.

Wichtig: Auch wenn Frühchen-Eltern jetzt ganz andere Sorgen haben – sie dürfen nicht vergessen, ihr Kind bei der Krankenkasse anzumelden. Gesetzlich Versicherte schicken einfach die dafür vorgesehene Kopie der Geburtsurkunde an ihre Krankenkasse. Privat versicherte Eltern müssen die Krankenversicherung des Kindes regeln; dies gilt auch, wenn die Eltern unterschiedlich versichert sind. Wenn die Eltern unverheiratet sind und das Kind in die Krankenkasse des unverheirateten Vaters aufgenommen werden soll, benötigt dessen Krankenkasse die Vaterschaftsanerkennung.

Die Känguru-Methode: Nähe hilft

© Carolin Schüten

In vielen Kliniken ist man inzwischen bemüht, den möglichst häufigen Körperkontakt zwischen den Eltern und ihrem früh geborenen Kind zu fördern. Dies hilft, die so wichtige emotionale Bindung zueinander aufzubauen und die zu frühe Trennung von Mutter und Kind ein wenig auszugleichen. Bei der so genannten Känguru-Methode wird das nur mit einer Windel bekleidete Neugeborene für einige Stunden am Tag an die nackte Brust der Mutter oder des Vaters gelegt. Der intensive Hautkontakt vermittelt dem Kind Geborgenheit, und die Eltern gewinnen meist rasch an Zutrauen im Umgang mit dem Kind. Frühchen, die häufig „känguruen“, zeigen erfahrungsgemäß weniger Stresssymptome, schlafen besser und entwickeln sich schneller als Kinder, die weniger Hautkontakt haben.

Selbst wenn das Kind zunächst noch sehr klein ist und kaum Milch trinken kann, können beim Känguruen auch die ersten Stillversuche gemacht werden. Über kurz oder lang wird das Kleine zu saugen beginnen und ein wenig trinken. Der Körperkontakt während des Stillens verbindet Mutter und Kind auf besondere Weise. Während der Nahrungsaufnahme gelten Säuglinge zudem als besonders empfänglich für liebevolle Zuwendung und Ansprache durch die Eltern.

Idealernährung und Wachstumselixier: Muttermilch

Da Frühgeborene häufig noch nicht in der Lage sind, Milch zu verdauen, bekommen sie zunächst eine Mischung aus Zucker und Wasser. Sobald ein Kind Milch trinken kann, wird es nach Möglichkeit mit abgepumpter Muttermilch versorgt. Denn Vormilch und Milch von Müttern, die zu früh geboren haben, enthalten bestimmte Nährstoffe in besonders hoher Konzentration. Muttermilch ist deshalb gerade für Frühgeborene die ideale Nahrung.

Muttermilch ist leicht zu verdauen, hilft dem Säugling beim Aufbau einer gesunden Darmflora und regt das Ausreifen des Darms an. Sie stärkt das Immunsystem des Frühgeborenen und schützt es so vor Infektionen. Die optimal zusammengesetzte Nahrung befördert den gesamten Reifungsprozess außerhalb des Mutterleibs. Dies macht sich deutlich bemerkbar: So können mit Muttermilch ernährte Frühchen im Durchschnitt 14 Tage früher aus dem Krankenhaus entlassen werden als Kinder, die Ersatznahrung bekommen.

Bis ihr Kind selbst trinken kann, müssen Frühchen-Mütter ihre Milch abpumpen. Dies ist gerade in den ersten zehn Tagen nach der Geburt wichtig, um die Brust auf das Stillen einzustellen und dafür zu sorgen, dass sie auch später genügend Milch produziert. Wie sie ihre Milch gewinnen, aufbewahren und bereithalten, lernen Mütter am besten, solange sie noch in der Klinik versorgt werden. Auch auf den meisten Frühgeborenenstationen bieten jederzeit Anleitung und Hilfe durch Stillberaterinnen an.

Stand: 13.11.2014