Depressionen in der Schwangerschaft
Auch in der Schwangerschaft ist es normal, Stimmungstiefs zu haben. „Schlecht drauf zu sein“ ist aber etwas anderes, als an einer Depression zu erkranken. Denn bei einer Depression handelt es sich um eine ernste Krankheit, die behandelt werden sollte – und auch behandelt werden kann. Helfen können eine Psychotherapie, aber auch Medikamente.
Wie häufig sind Depressionen in der Schwangerschaft?
Ungefähr 12 Prozent der Frauen haben in der Schwangerschaft eine Depression.
Was sind die Symptome einer Depression?
Ob schwanger oder nicht schwanger – die Symptome einer Depression sind prinzipiell die gleichen. Von einer Depression sprechen Fachleute, wenn diese Anzeichen über zwei Wochen anhalten:
- Ihre Stimmung ist über längere Zeit gedrückt, und Sie fühlen sich antriebslos.
- Sie haben an nichts mehr wirkliches Interesse.
- Sie haben anhaltende Probleme, sich zu konzentrieren.
- Sie zweifeln ständig an sich selbst und grübeln viel. Dabei drehen sich die Gedanken oft im Kreis.
- Sie schlafen schlecht.
- Ihr Appetit verändert sich – Sie essen weniger oder mehr als sonst.
Bei schwangeren Frauen kreisen die Selbstzweifel oft rund um die neue Lebenssituation und das Kind: Warum bin ich nicht glücklich, obwohl ich schwanger bin? Werde ich eine gute Mutter sein? Zu der Depression kommen dann Schuldgefühle und Scham – die Betroffene macht sich Vorwürfe, weil sie sich nicht auf ihr Kind freuen kann oder sich vielleicht sogar wünscht, sie wäre nicht schwanger.
Der Leidensdruck bei einer Depression kann enorm sein. Erkrankte schaffen es ohne Therapie oft nicht mehr, ihren Alltag zu bewältigen.
Auch werdende Väter und Co-Mütter können (post)partale Depressionen bekommen. Die Symptome für die Erkrankung sind die gleichen.
Warum sind Depressionen in der Schwangerschaft gefährlich?
Frauen haben in aller Regel keine gesundheitlichen Auswirkungen auf das Kind zu erwarten. Dennoch können Depressionen kleine, aber merkbare Auswirkungen auf die Schwangerschaft und das ungeborene Kind haben. So haben Frauen mit Depressionen ein wenig erhöhtes Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt. Auch Blutungen und operative Eingriffe bei der Geburt sind ein wenig häufiger. Möglicherweise ist auch das Geburtsgewicht der Babys geringer als durchschnittlich.
Durch die Erkrankung kümmern sich werdende Mütter vielleicht nicht mehr gut um sich selbst: Sie essen nicht ausreichend und lassen wichtige Vorsorge-Untersuchungen aus. Ist das Kind dann auf der Welt, kann es der Mutter schwerfallen, mit ihrem Kind in Kontakt zu kommen. Das Kind schläft dann vielleicht schlechter und hat mehr Probleme beim Stillen oder Füttern. Bei einer gestörten Mutter-Kind-Bindung haben Kinder später ein höheres Risiko, psychische Erkrankungen wie Depressionen zu entwickeln.
Nicht zuletzt ist eine Depression eine für die Frau potenziell tödliche Krankheit. Auch wenn die Rate unter einem Prozent liegt: Es kommt durchaus vor, dass Mütter nach der Geburt einen Suizid begehen.
An einer Depression hat niemand Schuld. Es handelt sich um eine Erkrankung. In Ihrer Verantwortung liegt nur, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Wichtiger Hinweis: Suchen Sie umgehend therapeutische Hilfe, wenn es Ihnen sehr schlecht geht oder Sie Gedanken haben, sich selbst Schaden zuzufügen. Sie können sich rund um die Uhr an die psychiatrische Ambulanz einer Klinik oder an ein sozial-psychiatrisches Zentrum wenden. Auch beim Hilfetelefon der Telefonseelsorge finden Sie Tag und Nacht Hilfe: 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222.
Was sind Risikofaktoren für eine Depression und wie kann ich mich schützen?
Allgemein erkranken Frauen häufiger an einer Depression als Männer. Auch die Schwangerschaft selbst gilt wegen der hormonellen Umstellung als Risikofaktor für eine Depression. Nicht beeinflussbar sind zudem die familiäre Veranlagung für Depressionen oder traumatische und belastende Lebenssituationen. Einsamkeit, Armut und die Zugehörigkeit zu einer Minderheit begünstigen ebenfalls Depressionen.
Einige Risikofaktoren lassen sich besser beeinflussen: Dazu zählen chronischer Stress, zu wenig Bewegung, eine ungesunde Ernährung und Rauchen.
Manche Frauen wissen, dass sie ein erhöhtes Risiko für eine Depression haben – zum Beispiel weil sie schon früher depressive Episoden erlebt haben. Eine Psychotherapie kann helfen, dass die Depression in der Schwangerschaft nicht (wieder) ausbricht. Fachleute gehen davon aus, dass sich das Risiko für eine Depression so um 40 Prozent verringern lässt. Die Schwangere sollte gut auf Frühanzeichen achten und ihre Ärztin oder ihren Arzt über ihre Erkrankung informieren. Bekommt eine Frau Medikamente wegen einer bereits bekannten Depression, sollte sie diese wegen der Schwangerschaft nicht ohne ärztliche Rücksprache absetzen.
Wichtig ist auch, sich schon in der Schwangerschaft gut auf die Zeit nach der Geburt vorzubereiten: Gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin sollte ausreichend Unterstützung eingeplant werden, falls es der Frau nach der Schwangerschaft nicht gut geht. Das lässt sich zum Beispiel bei der Festlegung der Elternzeit berücksichtigen. Außerdem kann sich die Frau oder das Paar Hilfe in der Familie und im Freundeskreis, aber auch bei Fachkräften aus der Psychotherapie oder Anlaufstellen wie den Frühen Hilfen organisieren.
Wie wird eine Depression in der Schwangerschaft behandelt?
Eine wichtige Säule der Behandlung ist die Psychotherapie. Je nach Therapieform kann es dabei zum Beispiel darum gehen, Strategien im Umgang mit der Depression zu finden. Die Psychotherapie als alleinige Behandlung wird nur bei milden bis moderaten Depressionen empfohlen. Bei einer schweren Depression raten Ärztinnen und Ärzte meist zusätzlich zu Medikamenten wie Antidepressiva. Schwangere haben oft Angst, dem Ungeborenen durch die Medikamente zu schaden. Noch ist nicht ausreichend erforscht, ob diese Sorge berechtigt ist. Fachleute gehen aber davon aus, dass das Risiko für Ungeborene gering ist. Schwangere überlegen am besten gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt, was schwerer wiegt: Mögliche negative Folgen durch die Medikamente oder durch die Depression. Auf der Plattform embryotox können Betroffene nachsehen, ob ein Medikament dem Ungeborenen möglicherweise schaden kann.
Empfohlen werden auch allgemeine Maßnahmen wie ein regelmäßiger Schlafrhythmus und Sport. Wenn möglich, sollten Schwangere versuchen, Stressfaktoren zu reduzieren. Manche profitieren auch von Akupunktur, Lichttherapie oder Yoga.
Die erste Anlaufstelle bei einer Depression ist in der Regel die Hausarztpraxis oder die Frauenarztpraxis. Dort lässt sich klären, wie es weiter geht: Zum Beispiel, ob ein Besuch in einer psychiatrischen Praxis Sinn macht und wie Sie einen Platz für eine Psychotherapie finden. Wenn es Ihnen sehr schlecht geht, können auch erste Schritte für einen Klinikaufenthalt eingeleitet werden.
Hilfe kann auch eine Schwangerenberatungsstelle geben: Die Beraterinnen und Berater dort können Sie unterstützen und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Eine Depression ist kein Stimmungstief, sondern eine Erkrankung. Sie sollte ärztlich und psychotherapeutisch behandelt werden.
- Zur Behandlung von Schwangerschaftsdepressionen kommen eine Psychotherapie und Medikamente in Frage.
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