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Nach der Geburt: Der ganz normale „Lustverlust“

Schwangerschaft und Geburt fordern einer Frau körperliche und seelische Höchstleistungen ab. Zudem ist die erste Zeit zu dritt für die Eltern trotz allen Glücks meist ziemlich anstrengend. Da kann die Lust auf Sex schon mal eine Weile auf der Strecke bleiben.

Wenn Frauen in der ersten Zeit nach der Entbindung keine Lust auf Sex haben, ist das zunächst einmal eine Entscheidung ihres Körpers: Er muss sich von den Strapazen der Schwangerschaft und Geburt erholen. Zudem hemmt das für die Milchbildung zuständige Hormon Prolaktin das sexuelle Verlangen.

Da die körperlichen Veränderungen tiefgreifend sind und oft auch Geburtsverletzungen abheilen müssen, kann es nach einer Geburt länger dauern, bis entspannter und schmerzfreier Geschlechtsverkehr wieder möglich ist.

Das Wochenbett – Zeit der Heilung

In den ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt bilden sich die meisten durch Schwangerschaft und Geburt entstandenen körperlichen Veränderungen zurück. Die Hormone der Frau stellen sich von Schwangerschaft auf Stillzeit um. Die Gebärmutter heilt ab, Wundflüssigkeit und Blut werden mit dem Wochenfluss ausgeschieden. Allgemein wird empfohlen, mit dem Sex zumindest so lange zu warten, bis der Wochenfluss abgeklungen ist, da sonst Infektionsgefahr für die Frau besteht – oder ein Kondom zu benutzen.

Geburtsverletzungen am Damm, an der Scheide und den Vulvalippen (Schamlippen) verheilen allmählich, können aber bei Berührung noch längere Zeit wehtun und brennen. Vor allem die Scheide bleibt durch die Reibung und Dehnung bei der Geburt und durch eine hormonell bedingte Trockenheit der Scheidenwände noch eine Weile schmerzempfindlich. Auch die Wundheilung nach einem Dammriss, Dammschnitt oder Kaiserschnitt braucht ihre Zeit.

Zusätzlich verlangt das Stillen dem Körper einiges an Energie ab. Die Brüste sind in der Stillzeit schwer und druckempfindlich. Manchmal tritt auch zwischen den Stillzeiten Milch aus.

Ein anderes Körpergefühl

© Sam Edwards / OJO Images / via Getty Images

Außer den körperlichen Beschwerden können weitere Faktoren nach der Geburt die Lust der Frau dämpfen. So kann zum Beispiel das Erlebnis einer schmerzhaften Geburt Ängste vor einer zu frühen weiteren Schwangerschaft wecken.

Auch dauert es eine Weile, bis der Körper der Frau wieder annähernd so ist, wie er vor der Schwangerschaft war. Manche Veränderungen können allerdings bleiben. Das vorherige Gewicht lässt sich nicht immer wiedererlangen, Bauch und Brust können ihre früheren Formen dauerhaft verändern. Manchmal bleiben Schwangerschaftsstreifen zurück oder die Adern an den Beinen zeichnen sich deutlicher ab als vorher.

Manche Frauen tun sich schwer damit, diese Veränderungen zu akzeptieren und haben eine gewisse Scheu, ihren „neuen“ Körper zu zeigen. Andere finden durch die Erfahrung von Schwangerschaft und Geburt zu einem positiveren Körpergefühl.

Auch für den Partner kann der veränderte Körper der Frau gewöhnungsbedürftig sein. Manche Männer finden die oft runderen, weicheren Formen sehr erotisch, für andere sind sie eher befremdlich. Die Befürchtung, die durch die Geburt geweitete Scheide könnte das Lustempfinden beim Geschlechtsverkehr dämpfen, ist meist unbegründet. Zudem verengt sich auch die Scheide mit der Zeit wieder. Regelmäßige Übungen zur Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur fördern die Rückbildung.

Körperliche Veränderungen und die Irritationen, die sie möglicherweise auslösen, können das sexuelle Verlangen beider Partner beeinträchtigen. Andererseits kann gerade die sexuelle Wiederannäherung Mann und Frau helfen, sich an diese Veränderungen zu gewöhnen, sie zu akzeptieren und zu mögen.

Keine Energie für die Liebe?

In den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt beansprucht das Kind zu jeder Tages- und Nachtzeit die Aufmerksamkeit und Energie seiner Eltern. In der Regel ist die Mutter davon mehr betroffen als der Vater, vor allem wenn sie das Kind stillt. Bei aller Liebe und bester Arbeitsteilung kann das wachsende Verlangen nach Schlaf schnell alle anderen Bedürfnisse in den Hintergrund drängen.

Selbst wenn sich die Erschöpfung in Grenzen hält, fehlen oft einfach Zeit und Ruhe für sexuelle Aktivitäten. Fantasie und Organisationstalent sind nötig, um dem Alltag die eine oder andere ungestörte Stunde abzuringen. Allerdings ist das noch keine Garantie dafür, dass sich gerade dann auch die Lust auf Sex einstellt – so manches Paar nutzt die freie Zeit lieber für ein gemeinsames Nickerchen.

Einander zugewandt bleiben

Auch Väter brauchen oft eine gewisse Zeit, bis sich die sexuelle Lust wieder meldet. Unsicherheiten gegenüber dem veränderten Körper der Partnerin, der noch eine ganze Weile auf das Stillen eingestellt ist, oder Sorgen, ob ihr der Geschlechtsverkehr Schmerzen bereitet, sind ganz normal. Zudem können auch Väter durch die neue Lebenssituation seelisch so stark belastet sein, dass sie vorübergehend die Lust am Sex verlieren. Oder sie sind, weil auch sie sich um das Neugeborene kümmern, ebenfalls einfach zu müde … 

Manchmal wird die Sexualität auch zum Austragungsort für andere Konflikte in der Partnerschaft. Ängste oder Selbstzweifel angesichts der neuen Verantwortung können dazu beitragen, dass Probleme in der Beziehung aufkommen, die sich auch darin äußern, dass keine Lust auf Sex aufkommen will. 

Es gibt keine Faustregel dafür, wie lange sexuelle Unlust nach Schwangerschaft und Geburt „normal“ ist und wann spätestens der Spaß am Sex zurückkehren sollte. Wichtig ist aber, auch im Labyrinth der Alltagspflichten und neuen Anforderungen weder die Liebesbeziehung noch die gemeinsame Sexualität aus den Augen zu verlieren.

Stand: 06.01.2016
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