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Schwangerschaftsabbruch nach einem auffälligen PND-Befund

Manchmal ergeben Untersuchungen in der Schwangerschaft, dass ein Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Krankheit oder Beeinträchtigung zur Welt kommen wird. Ein solcher Befund kann werdende Eltern vor schwere Entscheidungen stellen. Erwägen Eltern einen Schwangerschaftsabbruch, ist es wichtig, die gesetzlichen Bedingungen zu kennen.

Wie geht es nach einem auffälligen Befund weiter?

© kovaciclea / E+ / via Getty Images

Im Laufe der Schwangerschaft kann sich herausstellen, dass ein Kind krank oder beeinträchtigt auf die Welt kommen wird. Manchmal ist die Entwicklungsstörung so schwerwiegend, dass das Kind bereits während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder bald danach stirbt. Oder es sind nach der Geburt viele medizinische Eingriffe zu erwarten, von lebenserhaltenden Maßnahmen bis hin zu schweren Operationen.

Liegt ein auffälliger Befund vor, bricht für viele werdende Eltern eine Welt zusammen. Manche geraten in eine tiefe Krise und erleben Augenblicke von Verzweiflung und Zukunftsangst. Nicht selten müssen sie in einer Situation einen Weg finden, in der sich keine Entscheidung wirklich gut und richtig anfühlt. Auf viele Fragen gibt es auch keine sicheren Antworten: Kann ich mich darauf einlassen, unser Kind mit all seinen Eigenschaften und Bedürfnissen kennenzulernen? Kann ich das emotional und körperlich schaffen? Wird mein Umfeld mich unterstützen? Was kommt auf mich, was kommt auf uns zu, wenn ich mir das nicht vorstellen kann?

Vielen Paaren hilft es in dieser Situation, mit Freundinnen, Freunden und Familie zu sprechen. Auch ein Gespräch in einer Beratungsstelle kann eine große Hilfe sein. Die Beraterinnen und Berater haben viel Erfahrung und begleiten die Frauen und Paare bei der Entscheidungsfindung und bei allen weiteren Schritten. Weitere Anlaufstellen sind Selbsthilfegruppen von Eltern beeinträchtigter Kinder oder Behindertenverbände.

Abbruch nach der 12. Schwangerschaftswoche: Die medizinische Indikation

Manche werdenden Eltern entscheiden sich in dieser Situation für einen Schwangerschaftsabbruch. Liegt eine medizinische Indikation vor, ist der Schwangerschaftsabbruch auch nach der 12. Schwangerschaftswoche straffrei möglich. Eine medizinische Indikation besteht, wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren stark gefährdet. Das Gesetz knüpft die medizinische Indikation noch an weitere Voraussetzungen:

  • Nur eine Ärztin oder ein Arzt kann die medizinische Indikation stellen.
     
  • Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse drohen der Schwangeren eine Gefahr für das Leben oder für eine schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheit. Diese Gefahr ist nicht auf eine andere zumutbare Weise abwendbar.
     
  • Nachdem die Schwangere die Diagnose erhalten hat, müssen drei Tage vergehen, erst dann darf die Ärztin oder der Arzt die medizinische Indikation schriftlich ausstellen. Einzige Ausnahme: Es besteht eine unmittelbare gesundheitliche Gefahr für das Leben der Schwangeren.
     
  • Die Ärztin oder der Arzt muss die Schwangere dazu beraten, was ein Schwangerschaftsabbruch medizinisch und auch psychisch bedeuten kann. Zusätzlich muss sie oder er die Schwangere darüber informieren, dass sie einen Anspruch auf weitere psychosoziale Beratung hat. Wenn die Schwangere dies wünscht, ist die Ärztin oder der Arzt verpflichtet, Kontakte zu Beratungsstellen zu vermitteln.
     
  • Wird der Schwangeren die schriftliche Indikationsbescheinigung ausgehändigt, muss sie unterschreiben, dass sie ärztlich beraten und auf weitere Beratungsstellen hingewiesen wurde.

Die werdenden Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf Gespräche in einer Schwangerschaftsberatungsstelle, um ihre Gefühle und Gedanken zu klären und mithilfe der Beraterin oder des Beraters eine Entscheidung zu treffen. Anders als beim Schwangerschaftsabbruch ohne medizinische Indikation ist die Schwangere dazu aber nicht verpflichtet. Sie benötigt auch keinen Beratungsschein von einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle. Verzichtet die Schwangere auf die Beratung, muss sie dies schriftlich bestätigen.

Eine Beratung kann jedoch helfen, Abschied vom Wunschbild eines gesunden Kindes zu nehmen und der Trauer Raum zu geben. Sie kann den werdenden Eltern helfen, mit der Krise und der damit oft verbundenen Hilflosigkeit und Überforderung umzugehen. Gefühle wie Schuld, Selbstzweifel, Wut und Trauer sind in einer solchen Situation ganz normal. Wege zu finden, damit umzugehen, ist das Ziel der Beratung.

Der Schwangerschaftsabbruch: Die Geburt mit Medikamenten einleiten

In den meisten Fällen erfahren werdende Eltern erst spät, dass ihr ungeborenes Kind krank ist oder beeinträchtigt sein wird. Es ist dann oft schon so groß, dass kein operativer Schwangerschaftsabbruch mehr möglich ist. Bei Schwangerschaftsabbrüchen nach der zwölften Schwangerschaftswoche nach der Empfängnis (das heißt nach der 14. Woche nach dem ersten Tag der letzten Periode) wird deshalb mit Medikamenten eine Geburt eingeleitet.

Die Medikamente machen den Muttermund weich und lösen Wehen aus, wodurch eine Geburt eingeleitet wird. Bis es zu dieser beabsichtigten Fehlgeburt kommt, vergehen meist einige Stunden, es kann auch etwas länger dauern. Gegen mögliche Schmerzen ist jederzeit eine Behandlung möglich.

Die eingeleitete Fehlgeburt findet in einem Kreißsaal oder in dem Wehenzimmer einer Klinik statt. Sie wird von einer Ärztin oder einem Arzt und einer Hebamme betreut. Ist das Kind geboren, können die Eltern noch Zeit mit dem Kind verbringen und eine Weile mit ihm alleine sein.

Nur selten ist nach der Geburt eine Ausschabung der Gebärmutter unter einer kurzen Vollnarkose notwendig, beispielsweise wenn Reste der Plazenta in der Gebärmutter zurückgeblieben sind. Treten nach dem Abbruch keine Komplikationen auf und ist ihr Allgemeinbefinden gut, kann die Frau nach einigen Stunden die Klinik wieder verlassen.

Auch nach einer solchen beabsichtigten Fehlgeburt kann es sein, dass der Körper der Frau beginnt, Milch zu bilden. Die Milchbildung kann entweder medikamentös unterbunden werden oder indem die Brüste mit kalten Kompressen gekühlt und mit einem elastischen BH hochgebunden werden. Hierbei kann eine Hebamme Rat und Unterstützung geben. Die Brüste reagieren innerhalb weniger Tage auf den ausbleibenden Saugreiz-Signale und stellen die Milchbildung ein.

Vor oder nach dem Schwangerschaftsabbruch werden die Eltern sehr wahrscheinlich um die Einwilligung zu einer Gewebeentnahme oder Obduktion des Kindes gebeten, um das genaue Krankheitsbild festzustellen. Dies kann im Hinblick auf eine neue Schwangerschaft sinnvoll sein.

Schwangerschaftsabbruch ab der 20. Schwangerschaftswoche

Ab etwa der 20. Woche nach Empfängnis steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind die eingeleitete Geburt überlebt und auch lebensfähig ist. In diesem Fall sind Ärztinnen und Ärzte ethisch und juristisch verpflichtet, das Kind am Leben zu erhalten. Mit dem Einverständnis der Schwangeren kann deshalb vor der Geburt ein sogenannter Fetozid durchgeführt werden. Das heißt, dass in das Herz oder die Nabelschnurvene des Kindes eine Kaliumchlorid-Lösung gespritzt wird, die zu einem Herzstillstand und somit zum Tod des Kindes führt.

Ärztinnen und Ärzte sind jedoch nicht verpflichtet, einen solchen Abbruch vorzunehmen. Auch Hebammen können es ablehnen, daran mitzuwirken. In vielen Kliniken entscheidet ein Ethikrat, der aus ärztlichem Personal, Hebammen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie Psychologinnen und Psychologen besteht, gemeinsam über die Durchführung eines Spätabbruchs.

Nach dem Schwangerschaftsabbruch – Beratung und Begleitung

In der Regel brauchen Körper und Seele ihre eigene Zeit, um den Abbruch der Schwangerschaft und den Abschied vom Kind zu verkraften und die Rückbildungs- und Heilungsvorgänge abzuschließen. Möglicherweise besteht ein Anspruch auf die Mutterschutzfrist nach der Geburt. Das hängt zum Beispiel davon ab, wie weit fortgeschritten die Schwangerschaft zum Zeitpunkt des Abbruchs war. Wenn es keinen Anspruch gibt, kann es sinnvoll sein, sich zumindest eine kurze berufliche Auszeit zu nehmen.

Neben den körperlichen Folgen bedeuten ein später Abbruch und insbesondere ein Fetozid für viele Frauen und Paare eine enorme seelische Belastung. Neben der Trauer um das Kind empfinden nicht wenige Schuldgefühle, oder sie zweifeln an ihrer Entscheidung. Vielleicht treten auch Gefühle der Unzulänglichkeit und Ohnmacht gegenüber dem Schicksal auf. Vielen betroffenen Eltern hilft in dieser Ausnahmesituation eine psychosoziale Beratung und Begleitung, ebenso wie das Gespräch und der enge Kontakt mit dem geburtshilflichen Team. Selbsthilfegruppen von Eltern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, können eine weitere wichtige Unterstützung sein. Sie können helfen, den Verlust zu betrauern, sich mit dem Schicksal auseinanderzusetzen und neue Zuversicht zu entwickeln.

Stand: 16.02.2024